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Dörfer im Wandel

Die Kelten waren nach heutigem Wissen die ersten, die im Oesling siedelten. Darauf deuten Spuren hin, die sie im nördlichen Ourtal hinterlassen haben. Diese Spuren sind Reste alter Schutzwälle von Fliehburgen, wie sie die Kelten beispielsweise am Kazeknapp bei Kalborn errichteten. Es lebten im Vergleich zu heute nur wenige Menschen in dieser Region. Aus diesem Grund hielt sich der Einfluss auf die damalige Landschaft in Grenzen.

Die Römer brachten eine vollkommen neue Wirtschaftsweise mit. Das führte zu einer viel stärkeren Veränderung der Landschaft als bisher. Durch den enormen Bedarf an Gebrauchsgütern mussten Gutshöfe angelegt und die dazugehörige Infrastruktur geschaffen werden.

An den Knotenpunkten der römischen Straßen bildeten sich kleine Siedlungen, unbeeindruckt von den im Vergleich zu anderen Regionen ungünstigen klimatischen Bedingungen. So lassen archäologische Funde darauf schließen, dass Vianden in spätrömischer Zeit bereits eine römische Siedlung war. Auch die Gründung von Basbellain vermutet man zu dieser Zeit, da hier eine wichtige Straße vorbeiführte.

 
Wegkreuz in Basbellain

Sowohl Kelten als auch Römer achteten bei der Anlage ihrer Siedlungen auf den Hochebenen darauf, sie vor dem Wind zu schützen. Bevorzugt wurden die Häuser in kleinen Senken errichtet. In den Flusstälern hingegen war es wichtiger, einen guten Überblick über die Umgebung zu haben um sich gut verteidigen zu können.

So wurden dort die Siedlungen auf leicht zu verteidigende Felsspornen in den Flussschlingen oder am Zusammentreffen zweier Täler erbaut.

Die Täler im Ösling sind aber im Allgemeinen zu eng, als dass sich größere Siedlungen bilden könnten. Das beschränkte von vornherein das Wachstum der Dörfer. Im Gegensatz zu den Hochebenen, wo sich letztendlich auch die größeren Ortschaften entwickeln konnten.

 
Biwisch

Zur Zeit der fränkischen Landnahme, die etwa vom 5. bis ins 7. Jahrhundert andauerte, verlagerten sich die Höfe und Dörfer. Zu dieser Zeit entwickelten sich neue Anbaumethoden und es wurden andere Feldfrüchte angebaut, die andere Bodenarten bevorzugten. Trotzdem orientierten sich die Menschen damals an den bestehenden Römerstraßen oder ließen sich in waldfreien, fruchtbaren Tälern nieder.

Karl der Große, der von 768 bis 814 nach Christi Geburt über das Fränkische Reich herrschte, legte fest, dass jede Siedlung einer bestimmten Pfarre mit Kirche zugeordnet wurde.

Das veränderte das bisherige Ortsbild. Es wurden Kirchen gebaut und Plätze angelegt. Erst ab dieser Zeit kann man von Dörfern, wie wir sie uns vorstellen sprechen. Um die Dörfer entwickelten sich Dorfgemarkungen, die in Ackerland und so genanntes Gemeinheitsland unterteilt waren. Das Gemeinheitsland konnte von allen Dorfbewohnern als Viehweide genutzt werden.

Durch den Bevölkerungsanstieg im Hochmittelalter wurde immer mehr Land benötigt, sowohl um Häuser zu bauen, als auch um Landwirtschaft zu betreiben. Um dieses Land zu erhalten, wurden Waldflächen entweder von freien Bauern oder im Auftrag der Klöster oder Territorialherren gerodet.

 
Kirche in Drauffelt

Im Spätmittelalter nahm die Bevölkerung drastisch ab. Im 14. Jahrhundert wütete die Pest in Europa, der viele Menschen zum Opfer fielen. Das führte zu einem drastischen Abfall der Getreidepreise, da die Nachfrage nach Lebensmitteln abnahm. Immer weniger Menschen hatten Interesse mit dem Anbau von Getreide oder der Herstellung anderer Lebensmittel Geld zu verdienen. Die Landnahme kam zum Stillstand und es wurden viele Siedlungen aufgegeben. Man spricht von dieser Zeit als der "spätmittelalterlichen Wüstungsphase“.

Typische mittelalterliche Höhendörfer sind zum Beispiel Heinerscheid, Weicherdange und Munshausen.

Die damalige Struktur der Dörfer und Architektur der Häuser entsprach der vorherrschenden agrarischen Wirtschaftsform. Nur wenige konnten sich große Häuser leisten. Besitzer dieser Häuser waren die reichen Pferdebauern. Etwas kleinere Höfe gehörten den Bauern, die einen Ochsen als Zugtier im Stall stehen hatten. Sie machten wohl die Mehrheit aus. Angehörige der ländlichen Unterschicht, wie Tagelöhner, Besenbinder, Korbflechter usw. wohnten in kleinen, eingeschossigen Häuschen oder winzigen Lehmhütten.

 
Munshausen

Zwischen dem Ende des Mittelalters und der Französischen Revolution prägte der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) Landschaft und Menschen. Durch die Kriegshandlungen starben viele Menschen. Doch vor allem die Plünderungen, Brände und Zerstörungen sorgten hier für den größten Schaden. Viele Siedlungen wurden aufgegeben und verlassen. Im Jahr 1648 wurde der Westfälische Frieden geschlossen und der Wiederaufbau konnte beginnen.

Im 18. Jahrhundert veränderten sich die Gesellschaft und damit auch die bisherigen Besitzverhältnisse. Die bislang gemeinsam genutzten Gemeinheits- und Markenflächen wurden aufgeteilt und jeder Bauer begann, nach seinem eigenen Wissen und Bedürfnissen zu wirtschaften.

Die zunehmende Industrialisierung am Anfang des 20. Jahrhunderts lockte viele Menschen aus dem Ösling in den Süden von Luxemburg. Vor allem arme Landarbeiter und kleine Landwirte erhofften sich ein besseres Auskommen als Industriearbeiter. Diese Landflucht setzte sich bis in die 1980er Jahre fort. Viele Handwerks- und Handelsbetriebe waren bis dahin verschwunden und verstärkten wiederum die Abnahme.

Vor etwa 20 bis 30 Jahren begann dieser Effekt sich umzukehren. Die Menschen wurden mobiler und waren in der Lage immer größere Strecken zwischen Wohn- und Arbeitsplatz zurückzulegen. Mit der wachsenden Bevölkerung kamen Handwerksbetriebe ins Ösling und auch die Industrie lässt sich inzwischen hier nieder.

An der folgenden Grafik wird im Zeitraffer dargestellt, wie sich die die Dörfer in den letzten 300 Jahren entwickelt haben.

Die Veränderung der Lebensverhältnisse wirkt sich auf die Architektur der neuen Häuser aus. Ställe oder für landwirtschaftliche Zwecke gebaute Gebäude werden nur noch selten benötigt, da es nur noch wenige Landwirte gibt. Um der steigenden Nachfrage nach Wohnraum nachzukommen, werden auch ehemalige Ställe oder Scheunen zu Wohnungen umgebaut.

Auf der im Anschluss abgebildeten Karte ist die Entwicklung der Dörfer im Naturpark Our dargestellt. Die Informationen wurden aus den so genannten Ferraris-Karten (1771-1778) und Luftbildern der Jahre 1963, 1988 und 2004 gewonnen. In Dunkelrot sind die ältesten Siedlungsbereiche dargestellt. Je jünger die Siedlung oder der Siedlungsbereich, desto heller der Rot-Ton.