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Eichenleder

Lohhecken - eine besondere Form der Waldnutzung im Naturpark Our

Als Niederwald bezeichnet man einen Wald, dessen Bäume in regelmäßig wiederkehrenden Zeitabständen gefällt werden und danach wieder aus dem im Boden verbliebenen Wurzelstock austreiben (=ausschlagen). Im Falle des Niederwaldes bezeichnet man das Fällen der Bäume daher auch als "auf den Stock setzen“. Diese Form der Waldbewirtschaftung ist daher nur mit Baumarten möglich, die in der Lage sind, nach dem Fällen wieder mit neuen Trieben aus dem alten Wurzelstock auszuschlagen (z. B. Hainbuchen, Weiden, Eichen, Pappeln, ...).

Durch diesen Stockausschlag entsteht auch das für Niederwälder typische Bild von mehreren Stämmen, die aus dem gleichen Wurzelstock wachsen. Der Begriff Niederwald basiert auf dem Umstand, dass die Bäume in diesen Wäldern bei relativ niedriger Baumhöhe genutzt werden. In den meisten Fällen dienen Niederwälder der Erzeugung von Brennholz.

 

Eine ganz besondere Form des Niederwaldes stellt die Lohhecke (= Eichenschälwald oder Niederwald zur Lohegewinnung) dar. Hierbei steht nicht die Brennholzproduktion im Vordergrund, sondern die Gewinnung von Eichenrinde, der so genannten Lohe, die für die Gerbung von Leder verwendet wird.

Im Falle der Lohhecken werden die Stämme alle 15-30 Jahre zur Lohe- und Holzgewinnung gefällt. Die Wurzelstöcke der Eichen können ein Höchstalter von 200 bis 250 Jahren erreichen, wobei jedoch nur bis zum dritten Umtrieb ("auf den Stock setzen“) hohe Zuwachsleistungen erzielt werden können. Aus diesem Grund sollte nach 45-90 Jahren damit begonnen werden, die alten Wurzelstöcke durch die Pflanzung junger Eichen zu ersetzen.

Lohhecken und andere Niederwaldarten sind daher also keine natürlichen Waldformen, sondern entstanden dadurch, dass der Mensch den Wald in einer ganz bestimmten Art und Weise nutzte.

Über die Entstehung der Lohhecken in Luxemburg und dem Naturpark Our

Eichenschälwälder waren im 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem im Ösling von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Die ersten Lohhecken entstanden hier vor etwa 300 Jahren. Auch heute noch prägen diese Wälder vielerorts das Landschaftsbild im nördlichen Luxemburg.

Die Menge und Qualität der in den Lohhecken gewonnenen Eichenrinde hängt in erster Linie von den Faktoren Licht und Wärme ab. Aus diesem Grunde eignen sich für die Eichenschälwälder vor allem südöstlich bis westlich geneigte Hanglagen mit entsprechender Wärmeversorgung und Belichtung. Demgegenüber sind die Bodenverhältnisse von nur untergeordneter Bedeutung. Zwar erfordert der Eichenschälwald eine zumindest mittlere Bodengüte, doch liefert diese Waldform auch noch auf flachgründigen Böden, wie sie im Ösling an vielen Stellen vorzufinden sind, noch gute Erträge.

Der Hauptgrund dafür, dass die Lohhecken in Luxemburg fast ausschließlich im Norden des Landes entstanden liegt darin begründet, dass sich die nährstoffarmen Schieferstandorte des Öslings nur bedingt für eine landwirtschaftliche Nutzung eigneten. Der Eichenschälwald bot jedoch die Möglichkeit, auch diese vergleichsweise unproduktiven Böden gewinnbringend zu nutzen. Im fruchtbareren Gutland (dem gelegenen Teil des Luxemburger Landes) entstanden vor diesem Hintergrund nur in sehr geringem Umfang Lohhecken, da die dortigen Flächen vorwiegend landwirtschaftlich genutzt wurden. Lediglich in der Zeit der höchsten Rindenpreise (um 1870), entstanden auch an der Mosel und in der Gegend um Echternach etwa 1.000 ha Eichenschälwald, die jedoch bereits schon im Jahre 1903 wieder vollständig verschwunden waren.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts fand man heraus, dass sich das Tannin der Eichenrinde zum Gerben von Leder eignete. Im Jahre 1741 entstand in Clerf (Clervaux) die erste Gerberei des Öslings. Um 1830 existierten auf dem Gebiet des heutigen Großherzogtums etwa 100 Gerbereien, von denen der weitaus größte Teil im Norden des Landes lag; allein in der Stadt Wiltz gab es zur damaligen Zeit 16 Gerbereien.

Die eigentliche Blütezeit der Eichenschälwaldwirtschaft setzte aber erst 1842 ein, mit dem Beitritt Luxemburgs zum Deutschen Zollverein (08. Februar 1842), wodurch sich dem Land ein riesiges Absatzgebiet mit geschützten Preisen öffnete. Von diesem Zeitpunkt an war die Preußische Armee Hauptabnehmer der luxemburgischen Lederindustrie.

Im Zuge der steigenden Nachfrage nach Gerbrinde wurden im Ösling große Flächen der ursprünglichen Buchenhochwälder abgeholzt und mittels Saat und Pflanzung von Eichen in Niederwald umgewandelt. Obschon die Traubeneiche (Quercus petraea) – wie man heute weiß – weitaus besser an die standörtlichen Verhältnisse im Ösling angepasst gewesen wäre, wurden aus Unkenntnis heraus hauptsächlich Stieleichen (Quercus robur) gepflanzt. In erster Linie dürfte dies auf den Umstand zurückzuführen sein, dass das aus Frankreich stammende Saatgut, welches damals zur Begründung der Eichenniederwälder verwendet wurde, in den gut zugänglichen, flachen Hartholzauen entlang größerer Flüsse gewonnen wurde in denen fast ausschließlich Stieleichen vorzufinden waren.

Die Verwendung der Lohe und die Produktivität von Lohhecken

Für die Bevölkerung früherer Zeiten waren die Lohhecken von großer Bedeutung, denn neben der Gewinnung von Rinde (Lohe) erlaubte ihnen diese Nutzungsform zugleich die Gewinnung von Brennholz sowie eine landwirtschaftliche Zwischennutzung. Auf diese Weise konnte das verfügbare Land optimal genutzt werden. Mancherorts erlangte auch die Herstellung von Gehstöcken, Reb- oder Umzäunungspfählen eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung.

Die fertig getrocknete Lohe wurde in speziellen Lohmühlen gemahlen und anschließend zur Ledergerbung verwendet. Die Herstellung von lohgegerbtem Leder war eine sehr zeitaufwendige Arbeit. Die gesäuberten Häute wurden in der Ledergerberei in 2-3 m tiefen Gruben schichtweise aufeinander gelegt. Auf eine Schicht Häute folgte eine Schicht aus gemahlener Eichenrinde, dann wieder eine Schicht Häute usw. Nachdem die Gruben ganz mit Schichten aus Häuten und gemahlener Eichenrinde gefüllt waren wurde zum Schluss noch Wasser hinzugegeben. Das Ganze blieb dann über 14 Monate in den Gruben. Durch diesen Prozess wurden die Viehhäute in haltbares Leder umgewandelt.

Heutzutage erfolgt die Ledergerbung fast ausschließlich mittels chemischer Gerbstoffe, die den Gerbvorgang erheblich verkürzen. Eine der letzten noch bestehenden traditionellen Gerbereien, die auch noch heute Eichenlohe zur Ledergerbung verwendet, ist die Lederfabrik Rendenbach im nahegelegenen Trier.

Im Jahre 1947 lag die luxemburgische Eichenrindenproduktion noch bei rund 7.810 Tonnen, fiel dann jedoch innerhalb von nur 22 Jahren auf nur noch 484 Tonnen ab (1969) und erreichte 1991 mit einer Jahresproduktion von nur 65 Tonnen einen historischen Tiefstand. Bis zum Jahre 2003 stieg die Produktion jedoch wieder auf 200 Tonnen pro Jahr an. 2004 wurde dann allerdings überhaupt keine Lohe produziert, da der Hauptabnehmer der Luxemburger Eichenlohe die großen Rindenmengen der Vorjahre noch nicht vollständig verarbeitet hatte und aus diesem Grunde für 2004 und 2005 einen zweijährigen Schälstopp anregte.

Die landwirtschaftliche Nutzung der Lohhecken

In früherer Zeit erfolgte nach dem Abholzen der Eichen und bevor sich aus den im Boden verbliebenen Wurzelstöcken wieder ein neuer Niederwald entwickelte, häufig eine landwirtschaftliche Zwischennutzung der Lohhecken. Hierbei wurde zunächst das Laub und das auf der Fläche verbliebene Abfallholz verbrannt: bei diesem so genannten "Brëschteren“ wurde das noch vorhandene Material auf Haufen gezogen und verbrannt, beim anschließenden "Sangen“ wurde ein Lauffeuer auf der gesamten Fläche entfacht ("eng Sang brennen“). Im Anschluss an das Roden der Fläche wurde der Boden gehackt und zwischen den verbliebenen Wurzelstöcken im Herbst Roggen ("Kar“) ausgesät, der im zweiten Jahr geerntet wurde. Im dritten Jahr wurde dann Buchweizen ("Wëllkuer“) gesät. Verschiedentlich wurden die Lohhecken anschließend auch noch als Viehweide genutzt. Auch der auf den gerodeten Flächen aufkommende Ginster wurde genutzt und als Stallstreu oder zur Herstellung von Besen verwendet.

Diese heute verschwundene Form der landwirtschaftlichen Zwischennutzung war sehr intensiv und entzog dem Boden viele Nährstoffe was in der Folge zu einer Verminderung des Rindenertrags der Lohhecke führte. Weitere negative Auswirkungen dieser Zwischennutzung waren die Beschädigung der Wurzelstöcke, die Verzögerung des Wiederaustriebs der Eichen und die Bodenerosion, die vor allem in steilen Lagen erheblich war.

Die Zukunft der Lohhecken

Zum jetzigen Zeitpunkt ist kaum abzusehen, welche Zukunft die Lohhecken im Naturpark Our erwartet. Da es sich hierbei jedoch um eine künstliche, vom Menschen geschaffene Waldform handelt, kann der dauerhafte Fortbestand der Lohhecken nur dann gewährleistet werden, wenn diese Wälder auch in Zukunft einer kontinuierlichen Nutzung unterworfen sind. Zwar könnte man an dieser Stelle anführen, dass es sich bei den Lohhecken ja ohnehin um eine nicht natürliche, künstliche Waldform handele und ihr Verschwinden lediglich eine Korrektur hin zum ursprünglichen Naturzustand sei. Allerdings würde eine solche Einschätzung dem hohen ökologischen Wert dieser Waldform nicht gerecht werden, denn die lichten Eichenniederwälder beherbergen in ihrem Inneren zahlreiche seltene Pflanzen- und Tierarten, wie etwa das scheue Haselhuhn. Aber auch kulturhistorisch sind die Lohhecken im Norden Luxemburgs von großer Bedeutung und in Mitteleuropa in dieser Form einzigartig.

Positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Lohhecken hat sich in den vergangenen jedoch die Verteuerung fossiler Energieträger und der sich hieraus ergebende Nachfrage- und Preisanstieg bei Energieholz ausgewirkt. Durch die gestiegenen Preise lassen sich die Lohhecken - sofern sie sich nicht in zu steilen, schwer zugänglichen Lagen befinden - wieder kostendeckend bewirtschaften. Dies hat dazu geführt, dass die Nutzung- und Bewirtschaftung der Lohhecken in den letzten Jahren erfreulicherweise wieder etwas zugenommen hat, was zum Erhalt dieser einzigartigen Waldform beiträgt.

Lohhecken als Energielieferanten

Eine Lohhecke auf einem durchschnittlich guten Standort im Ösling, die mit 30 Jahren genutzt wird, liefert pro ha zwischen 75 und 115 Festmeter (m³) Holz. Mit dieser Menge ließen sich 17250 - 26450 Liter Heizöl ersetzen und 55 - 84 Tonnen CO2 einsparen. Unterstellt man für die genannte Heizölmenge einen Literpreis von 0,53 € (Stand: 10.04.2007), so besäße das geerntete Holz einen monetären Gegenwert von 9140 - 14015 €.